01.09.2021 | 1 Bild

Ein Löffel Zucker verändert Sarahs Leben

Im hochrangigen Fach-Journal "EMBO Molecular Medicine" erscheint nun der Artikel zu diesem jüngsten Salzburger Behandlungserfolg.
© SALK/Walch

PD Dr. Hans Mayr, PD Dr. Saskia Wortmann

Sarah wurde 2014 unauffällig geboren, blieb aber in der Folge zu klein und litt an gravierender Entwicklungs- und Sprachverzögerung. Zeitweilig musste das Kind über eine Sonde ernährt werden. Es begann eine Odyssee von einem Arzt zum nächsten, bis schließlich bei Sarah mit vier Jahren am Uniklinikum Salzburg eine genetische Auffälligkeit aufgespürt wurde. Die verzweifelte Mutter erreichte der erlösende Anruf, dass man möglicherweise etwas gefunden habe: eine Stoffwechselstörung. Sarah kann einen speziellen Zucker, die L-Fucose, nicht selbst bilden, eine Erkenntnis, die ihr Leben nun nachhaltig verändert.

Die Kinderärztin Saskia Wortmann, der Molekularbiologe René Feichtinger und der Biochemiker Johannes Mayr von der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde entdeckten in Zusammenarbeit mit der Universität Heidelberg erstmals einen Defekt in GFUS, einem Gen, das für das Stoffwechsel-Enzym GDP-L-Fucose Synthase codiert. „Fucose ist Bestandteil jener Zuckerbäume, die an Proteine anhängt werden müssen, um diese an ihren Bestimmungsort in der Zelle zu steuern“, erklärt Johannes Mayr. Fehlt dieser Zuckerbaustein, wissen die Proteine in der Zelle nicht mehr wohin. Saskia Wortmann ergänzt: „Dies verursacht Entwicklungsverzögerungen mit großen Auswirkungen auch im neurologischen Bereich.“ Sarah erhält nun dreimal am Tag einen Löffel des hochspeziellen Zuckers L-Fucose und holt rasant Entwicklungsdefizite auf, hat daraufhin sogar in ganzen Sätzen zu sprechen begonnen. Die Eltern freuen sich über die ersten „normalen“ Geburtstage mit einem zunehmend selbstbestimmten Kind. Viele Parameter entwickeln sich altersgemäß, das Mädchen wird im Herbst lernunterstützt mit der Schule beginnen.

Im hochrangigen Fach-Journal "EMBO Molecular Medicine" erscheint nun der Artikel zu diesem jüngsten Salzburger Behandlungserfolg. Die Ursache und Pathogenese seltener Krankheiten auf Zellebene zu entschlüsseln und wirksame Therapien zu finden, sehen die Forscher der Kinderklinik als ihren Auftrag. Sie nennen es das „Murmeltierprojekt“, weil die Ursachen dieser Krankheiten oft lange nicht ans Tageslicht kommen, wie Murmeltiere. Jedes Jahr werden so neue Krankheiten entdeckt und oft auch erfolgreich therapiert, dies brachte bereits einige Forschungspreise. Dass solche Erkrankungen ins Neugeborenen-Screening zur frühzeitigen Entdeckung aufgenommen werden, ist ihre Hoffnung und die von Sarahs Mutter, die selbst Diplompflegekraft ist: „Die Behandlungserfolge könnten dann vielleicht noch größer sein. Für uns war es jedenfalls das große Glück, zuerst an die Genetik und dann an die Stoffwechselambulanz zu kommen. Dank der Ausdauer und des Einsatzes der Ärzte und Naturwissenschaftler konnte Sarah geholfen werden, wo es vorher meist hieß, dass man nichts machen könne.“ Doch Aufgeben war nie eine Option.

EMBO Molecular Medicine: A spoonful of L-fucose — an efficient therapy for GFUS-CDG, a new glycosylation disorder
https://www.embopress.org/doi/full/10.15252/emmm.202114332

Über die SALK:

Die Salzburger Landeskliniken (SALK) versorgen als größter Gesundheitsanbieter Salzburgs mit etwas mehr als 7.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mehr als 64.200 stationäre, 9300 tagesklinische und 1,2 Millionen ambulante Patientinnen und Patienten im Jahr. Sie bestehen aus dem Uniklinikum Salzburg mit dem Campus Landeskrankenhaus (LKH) und Campus Christian-Doppler-Klinik (CDK) in der Stadt Salzburg und den Landeskliniken in Hallein, St. Veit sowie Tamsweg und halten Anteile an mehreren Reha-Einrichtungen im Bundesland.

Alle Inhalte dieser Meldung als .zip:

Sofort downloaden In die Lightbox legen

Bilder (1)

4 032 x 3 024 © SALK/Walch