20.03.2025 | 1 Bild

Neues Expertisezentrum für angeborene Stoffwechselstörungen bei Kindern

Am Uniklinikum Salzburg gibt es mittlerweile 4 Typ-B-Expertisezentren für seltene Erkrankungen – alle haben mit Kindern zu tun
© SALK/Fürweger

Eröffnung des Expertisezentrums im Audimax der PMU (v. l.): SALK-Geschäftsführer Thomas Gamsjäger, Florian Lagler, Eugen Trinka, Saskia Wortmann, Hans Mayr, SALK-Geschäftsführerin Silvia Lechner, Daniel Weghuber.

„Es ist für mich die Vollendung eines Lebenswerks“, schwärmte Wolfgang Sperl, Rektor der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität (PMU), im EVER-Pharma-Audimax. Vor 40 Jahren hatte er in Innsbruck das erste Mal bei einem Kind eine mitochondriale Erkrankung diagnostiziert. Später konzentrierte er seine Forschungstätigkeit auf diese Gruppe der seltenen Stoffwechselstörungen.

Noch als Vorstand der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde – die Funktion bekleidete er bis 2020 – reichte Sperl jenes sogenannte Typ-B-Expertisezentrum ein, das nun offiziell eröffnet wurde. „Es war ein langer Weg, jetzt ist es aber endlich geschafft“, fasste es Co-Gastgeber Eugen Trinka, Vorstand der Universitätsklinik für Neurologie und Präsident der Gesellschaft der Salzburger Ärztinnen und Ärzte, zusammen.

Bundesweite Versorgung und europaweite Vernetzung

Expertisezentren sollen dafür sorgen, dass Menschen, die an seltenen Krankheiten leiden, optimal versorgt werden. Sie werden in Österreich vom Gesundheitsministerium akkreditiert und erhalten für ihr Spezialgebiet einen bundesweiten Versorgungsauftrag. Zudem sind sie in die jeweiligen European Reference Networks (ERN) eingebunden. Das heißt: Komplexe Fälle werden von den besten Fachleuten aus ganz Europa und weltweit gemeinsam besprochen und Erfahrungen ausgetauscht.

An einer seltenen Erkrankung leiden in der EU weniger als 5 Menschen pro 10.000 Einwohnern. Da aber bereits mehr als 8.000 seltene Erkrankungen beschrieben sind, ist insgesamt die Zahl der Betroffenen groß. Aufgrund der kleinen Fallzahlen pro Krankheit ist die Erforschung in Form von breit angelegten Studien nicht möglich und eine exzellente Vernetzung entscheidend.

Jeder Fall ist einzigartig und wird als solcher behandelt

Das jüngste Typ-B-Expertisezentrum am Uniklinikum Salzburg ist an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde angesiedelt. Sein Spezialgebiet sind angeborene Stoffwechsel-Erkrankungen mit dem Schwerpunkt auf Mitochondriopathien sowie lysosomalen Speichererkrankungen. „Wir sind aber auch für alle anderen angeborenen Stoffwechsel-Erkrankungen zuständig“, so Klinikvorstand Daniel Weghuber.

Und ein zentrales Thema sei auch die Transition: Also die Sicherstellung der weiteren fachkompetenten Versorgung, wenn junge Patientinnen erwachsen werden. Hier ist die enge Zusammenarbeit von Kinder- und Erwachsenenmedizin entscheidend.

Leiterin des Typ-B-Zentrums für angeborene Stoffwechsel-Erkrankungen ist die Kinderärztin und PMU-Professorin Saskia Wortmann, die sich in den vergangenen Jahren aufgrund spektakulärer Behandlungserfolge und vieler wissenschaftlicher Publikationen einen Ruf als weltweit anerkannte Expertin erworben hat. „Wenn unklare Krankheitszeichen durch Störung unterschiedlicher Organsysteme auftreten, braucht es ein Verständnis für die Bedeutung der unterschiedlichen Symptome, für die zellulären Abläufe und genetischen Informationen. Hier stecken wir mit einem klaren Plan die Köpfe zusammen und bemühen uns, für alle Patientinnen und Patienten, die wir sehen, eine exakte Diagnose – und eine passende Behandlung zu finden.“

Genforschung und Patientensicherheit im Fokus

Innerhalb des Zentrums gibt es zwei virtuelle Gebäude: das Mito-Haus, das Wortmann und der Biochemiker Hans Mayr leitet, sowie das Lyso-Center mit dem Kinderarzt Florian Lagler an der Spitze. Im Mito-Haus geht es vor allem darum, durch biochemische Verfahren bzw. durch genetische Untersuchungen die Ursachen von mitochondrialen Erkrankungen zu finden. „Aktuell sind 377 Gene als Krankheitsursachen bekannt“, erklärte Hans Mayr. 33 Gene wurden unter seiner Beteiligung erstmals in Salzburg beschrieben.

Im Lyso-Center liegt der Schwerpunkt auf Patientensicherheit sowie Einzelfallstudien. Florian Lagler: „Wir haben zum Beispiel mit OP-Teams medizinische Simulationstrainings gemacht, um das Verhalten bei Narkosezwischenfällen zu üben. Denn diese Kinder haben ein 1.000-fach erhöhtes Risiko für solche Zwischenfälle und gleichzeitig brauchen sie viele Eingriffe.“ Trainings finden auch mit Pflegekräften der Heimhilfen und den Familienmitgliedern statt, damit diese in Notfällen richtig reagieren können.

Mit möglichst vielen Einzelfallstudien, die in ganz Europa durchgeführt werden, sollen trotz der Seltenheit Muster von Symptomen, aber auch Therapieerfolgen identifiziert werden, um zukünftigen Patientinnen und Patienten frühzeitig und gezielt helfen zu können. Lagler: „Wenn man die Erkrankung an sehr deutlichen Zeichen erkennt, ist es meistens schon sehr spät und man hat viel Zeit für die Therapie verloren.“ Mittlerweile ist das Lyso-Center mit 20 Zentren im Ausland und 10 Patientenorganisationen vernetzt.

Uniklinikum ist mit vier Typ-B-Zentren ein Expertise-Cluster

Das jüngste Typ-B-Expertisezentrum am Uniklinikum Salzburg ist bereits das vierte. Die drei weiteren sind:

  • Typ-B-Zentrum für Epidermolysis bullosa („Schmetterlingskinder-Krankheit“) an der Universitätsklinik für Dermatologie,
  • Typ-B-Zentrum für Lippen-Kiefer-Gaumenspalten und kraniofaziale Anomalien (Schädelfehlbildungen) an der Universitätsklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
  • Typ-B-Zentrum für seltene und komplexe Epilepsien an der Universitätsklinik für Neurologie.

Damit Uniklinikum Salzburg ist damit am Weg zum ersten so genannten Typ-A-Zentrum einem Cluster von Expertisezentren. Alle vier Typ-B-Zentren setzten bereits im Kindesalter an.

Über die SALK:

Die Salzburger Landeskliniken (SALK) versorgen als größter Gesundheitsanbieter Salzburgs mit etwas mehr als 7.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mehr als 63.700 stationäre, 9.900 tagesklinische und 1,3 Millionen ambulante Patientinnen und Patienten im Jahr. Sie bestehen aus dem Uniklinikum Salzburg mit dem Campus Landeskrankenhaus (LKH) und Campus Christian-Doppler-Klinik (CDK) in der Stadt Salzburg und den Landeskliniken in Hallein, St. Veit sowie Tamsweg und halten Anteile an mehreren Reha-Einrichtungen im Bundesland.

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