12.09.2024 | 3 Bilder

Weltpremiere am Uniklinikum: Erster Einsatz von Nanovesikeln aus Nabelschnur-Stammzellen bei Behandlung von offenem Rücken (Spina bifida)

Forschung an der PMU und am Uniklinikum hilft kleiner Patientin: Magdalena (2) ist nach der OP auf dem Weg der Besserung
© privat/Manuela N.

Der zweijährigen Magdalena geht es nach dem neuerlichen Eingriff am Uniklinikum Salzburg sehr gut.

„Magdalena geht’s sehr gut, alles ist gut verheilt. Wir arbeiten gerade am freien Sitzen. Das geht eigentlich schon ganz gut, aber sie hat noch nicht ganz das Vertrauen in sich selbst“, erzählt Mama Manuela N. Vor zwei Jahren kam das Mädchen in Sachsen (Deutschland) mit einer Spina bifida (offener Rücken) zur Welt. „Normalerweise bilden die Wirbelbögen einen Kanal, in dem das Rückenmark verläuft. Die beiden Bögen laufen im Dornfortsatz zusammen. Bei einer Spina befida ist der Wirbel hinten offen, quasi aufgeklappt wie ein Buch“, erklärt der Kinder-Neurochirurg Professor Matthias Krause vom Uniklinikum Salzburg.

Diese neuronale Fehlbildung kann unterschiedliche Ausprägungen haben. Professor Krause: „Die Kinder sind häufig in der körperlichen Entwicklung eingeschränkt. Viele Kinder verlieren leider im Lauf der Zeit motorische Fähigkeiten, weil mit dem Wachstum das Rückenmark immer stärker in Mitleidenschaft gezogen wird.“

Professor Krause hat Magdalena kurz nach der Geburt in Leipzig, seiner damaligen Wirkungsstätte, operiert. Anfang 2024 kam er ans Uniklinikum Salzburg und führte hier vor wenigen Tagen einen notwendigen zweiten Eingriff durch, den die deutsche Krankenkasse der Familie genehmigt hatte. „Bei Magdalena kam es nach der Operation, bei der wir den offenen Rücken ‚verschlossen‘ haben, zu einer überschießenden Narbenbildung. Das ist leider eine häufige Komplikation. Narben sind hart, unelastisch und verkleben mit dem umgebenden Gewebe. Dadurch gerät das Rückenmark immer stärker unter Zug und Druck und wird mit fortschreitendem Wachstum mehr und mehr geschädigt.“

Nanovesikel arbeiten wie kleinste Bio-Drohnen

Am Uniklinikum Salzburg lernte Professor Krause die Transfusionsmedizinerin Professorin Eva Rohde kennen. Diese forscht am Universitätsinstitut für Transfusionsmedizin und im GMP-Labor (Good Manufacturing Practice) der PMU (Paraclesus Medizinische Universität) gemeinsam mit Dozent Mario Gimona an klinischen Behandlungen mit Nanovesikeln. „Nano-Vesikel sind kleine Bläschen – 3 Millionen Mal kleiner als eine Zelle – und kommen in allen Körperflüssigkeiten vor. Sie können wie Bio-Drohnen Informationen zwischen den Zellen transportieren“, erklärt Professorin Rohde.

Damit ermöglichen sie im Prinzip eine fast unbegrenzte Zahl von Anwendungen. Worum geht’s im konkreten Fall? „Offenbar können Nanovesikel einen Selbsthilfe-Mechanismus im zu heilenden Gewebe anstoßen. Bei Operationen bedeutet das: Die Schichten der Haut und des Bindegewebes können im Bereich des Schnitts sehr ausbalanciert zusammenheilen, ohne dass das Narbengewebe verklebt. Vereinfacht gesagt: Wir verhindern überschießende Narbenbildung“, führt Professorin Rohe aus.

Magdalenas Eltern stimmten einem Heilversuch zu

Prof. Krause: „Als ich das zum ersten Mal gehörte habe, dachte ich, das ist zu schön um wahr zu sein.“ Um beim zweiten Eingriff an Magdalena eine erneute überschießende Narbenbildung zu verhindern, stimmten die Eltern zu, dass im Zuge eines Heilversuchs im GMP-Labor gewonnene Nanovesikel über eine Infusionslösung in die Wunde eingebracht wurden. Professorin Rohde: „Wir haben die Nanovesikel aus Spenden von gesunden Schwangeren gewonnen, die gesunde Babys im Mutterleib trugen. Das Material stammt aus der Nabelschnur. Aus einer Spende können wir Tausende Dosen herstellen.“

Die bei Magdalena verwendete Spende stammt aus 2013 und kommt von einer Frau, die später am Uniklinikum Salzburg ihr Baby zur Welt brachte. Die ersten Verarbeitungsschritte fanden in der Transfusionsmedizin am Klinikum statt. Die Weiterverarbeitung erfolgte im GMP-Labor der PMU.

Magdalena hat diese weltweit erste dokumentierte Nanovesikel-Behandlung bei einer Spina befida sichtlich geholfen. „Sie will immer mehr klettern. Die Beine wollen zwar noch nicht so richtig mit, aber wir sind mit der Physiotherapie dran“, berichtet die Mutter. In der Bewegung wird das Mädchen immer eingeschränkt bleiben. Die neuerliche Operation sorgt aber dafür, dass sich ihr Zustand nicht weiter verschlechtert.

Uniklinikum und PMU wollen in weltweiten Studien mitwirken

Auch wenn dieser Fall erfolgsversprechend ist, wird es noch 10 bis 15 Jahre dauern, bis es regulär zugelassene Nanovesikel-Therapien geben kann: Die Zulassungsbestimmungen sind weltweit streng. In groß angelegten Studien muss nachgewiesen werden, dass die Therapie mehr nutzt als schadet, welche Nebenwirkungen möglich sind und wie oft diese auftreten.

Professorin Rohde und Professor Krause sind aber überzeugt davon, dass das Uniklinikum Salzburg und die PMU in diesen Studien als Zentrum dabei sein wird und damit ihren Beitrag zu der Etablierung dieser völlig neuen Behandlungsform leisten.

Mehr Hintergründe zur faszinierenden Welt der Nanovesikel und deren (mögliche) Anwendungsgebiete in der Medizin hören Sie in unserem Podcast „Nanovesikel als Hoffnungsträger für die Medizin“ mit Professorin Eva Rohde und Dozent Mario Gimona.

Über die SALK:

Die Salzburger Landeskliniken (SALK) versorgen als größter Gesundheitsanbieter Salzburgs mit etwas mehr als 7.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mehr als 64.200 stationäre, 9.300 tagesklinische und 1,2 Millionen ambulante Patientinnen und Patienten im Jahr. Sie bestehen aus dem Uniklinikum Salzburg mit dem Campus Landeskrankenhaus (LKH) und Campus Christian-Doppler-Klinik (CDK) in der Stadt Salzburg und den Landeskliniken in Hallein, St. Veit sowie Tamsweg und halten Anteile an mehreren Reha-Einrichtungen im Bundesland.

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