27.06.2024 | 1 Bild

Kinderchirurg Roman Metzger konnte lebensbedrohenden Geburtsfehler bei Zwillingen minimalinvasiv beheben

Emilia und Isabella kamen 7 Wochen zu früh mit einer seltenen Ösophagusatresie zur Welt – am Wochenende kann die Familie nach Hause
© SALK/Leon Bernhofer

Glückliche Gesichter beim Uniklinikum-Team und den Eltern (v. l.): OP-Pflegerin Christina Starlinger, OA Bernhard Ziegler, Papa Wolfgang H., Professor Roman Metzger, Mama Katrin H., OP-Pflegedienstleiterin Annina Bill, Katrina Danzl, leitende Pflegeperson Kinder-OP.

„Kein Wunder, sondern Forschung!“, lautet das Motto des „Young.Hope“-Forschungszentrums für Kinder und Jugendliche am Uniklinikum Salzburg. Dennoch konnte Professor Roman Metzger, Vorstand der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendchirurgie, mit zwei OP-Teams gleich zwei kleine Wunder vollbringen.

Am 19. Mai kamen im Kreißsaal der Universitätsklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe am Campus LKH die Zwillinge Emilia und Isabella in der 33. Schwangerschaftswoche zur Welt. Emilia wog nur 1.500 Gramm, Isabella 1.620 Gramm. Bereits kurz nach der Geburt fielen dem Team der Neonatologie bei den Babys Hustenanfälle und schaumiger Speichel auf, eine Magensonde ließ sich nicht legen.

Durch eine einfache Röntgenuntersuchung konnte bei beiden Mädchen eine äußerst seltene Ösophagusatresie diagnostiziert werden. Die Speiseröhren beider Babys zeigte eine Unterbrechung – der obere Teil endete blind, der untere Teil der Speiseröhre war mit der Luftröhre durch eine Fistel (röhrenartiger Übergang) verbunden.

Dieser Geburtsfehler ist bei Zwillingen unglaublich selten

„Dadurch ist die Nahrungsaufnahme unmöglich, Speichel kann nicht geschluckt werden und Magensaft kann in die Lunge rinnen“, erklärt Professor Metzger. Eine solche Fehlbildung kommt nur bei einer von 3.500 Einlingsgeburten vor – bei Zwillingsgeburten, die nur ca. drei Prozent aller Geburten ausmachen, liegt die Inzidenz (Fallzahl) höher, bei rund 1:750 bis 1:1.500.

Dass beide Zwillinge dieselbe Fehlbildung haben, ist jedoch unglaublich selten: „Ich bin jetzt mehr als 25 Jahre im Bereich der Kinderchirurgie tätig, war zuvor in München und Leipzig und habe so etwas bisher nicht gesehen. Auch ältere Kollegen können sich nicht an einen vergleichbaren Fall erinnern.“ Was eine Ösophagusatresie auslöst, ist noch nicht bekannt.

An der Division für Neonatologie wurden Emilia und Isabella über die Vene mit hochkalorischen Lösungen ernährt. Der Speichel musste ständig abgesaugt werden. Professor Metzger: „Wir mussten zeitnah handeln, durch längeres Zuwarten hätte die Verbindung zwischen Luftröhre und Magen zu immer größeren Problemen geführt.“

Chirurgische Instrumente wurden über drei kleine Schnitte eingeführt

In Absprache mit Oberarzt Bernhard Ziegler, dem Leiter der Kinderanästhesie, entschied sich Professor Metzger für minimalinvasive Eingriffe ("Schlüsselloch-Chirurgie" ohne große Schnitte), die aufgrund der Länge – jeweils mehr als vier Stunden – an zwei aufeinanderfolgenden Tagen durchgeführt werden sollten. Am Dienstag, 21. Mai, kam als erste Emilia an die Reihe, die zwar kleiner, aber stabiler war. Am Tag darauf folgte der Eingriff an Isabella.

Über drei kleine Schnitte am Schulterblatt führte Professor Metzger die Instrumente in den Körper ein. Er konnte die Verbindung zwischen Luft- und Speiseröhre verschließen und eine neue Verbindung der getrennten Speisröhre mit Nähten herstellen. Gleichzeitig musste das Kinderanästhesie-Team die Beatmung und den Kreislauf der Babys ständig aufrechterhalten. Oberarzt Ziegler: „Bei solchen Eingriffen sind die Kleinheit der Körper und der enge Raum, in dem das Team arbeiten muss, die größte Herausforderung. Es braucht auch während des Eingriffs laufend eine enge Absprache – im doppelten Sinne des Wortes – zwischen Chirurgie und Anästhesie.“

Die Instrumente waren nur drei Millimeter groß, das entsprach dem Durchmesser der Speiseröhre an der engsten Stelle. „Das ist fast, als würde man in einer Streichholzschachtel operieren“, fasst es Professor Metzger zusammen. Natürlich sei er mit besonderem Respekt an die beiden Eingriffe herangegangen, erzählt der erfahrene Kinderchirurg. „Vor Beginn der Operationen war nicht klar, ob das minimalinvasiv gehen würde, weil wir ja nicht wussten, wie die Kinder im OP-Saal reagieren würden.“ Die Distanz zwischen den Speiseröhren-Enden war zudem länger als erwartet.

Emilia und Isabella geht es prima

Und wie ist das Gefühl jetzt, mehr als vier Wochen später? „Einfach nur toll!“, strahlen Professor Metzger und Oberarzt Ziegler. Durch die minimalinvasiven Eingriffe konnten sich Emilia und Isabella rasch erholen – es gab keine Komplikationen. „Sie wiegen mittlerweile fast 2500 Gramm“, berichten ihre Eltern, die aus der Stadt Salzburg stammen. Am kommenden Wochenende können sie voraussichtlich ihre Töchter mit nach Hause nehmen. Professor Metzger: „Die Narben sind nur millimetergroß und werden bald kaum noch zu sehen sein. Die beiden werden voraussichtlich ein nahezu normales Leben führen können.“

Kein Wunder, sondern das Ergebnis von Forschung!

Die erfolgreiche Korrektur einer Ösophagusatresie mit minimalinvasiven Eingriffen bei Zwillingen in der Gewichtsklasse von ca. 1.500 Gramm zum Zeitpunkt der Operation ist in der Literatur bislang nicht beschrieben. Deshalb wird das Team des „Young.Hope“-Forschungszentrums die Eingriffe an Emilia und Isabella als Fallbericht veröffentlichen.

Mehr über das „Young.Hope“-Forschungszentrum erfahren Sie auf https://younghope.at/ und in unserer Podcast-Folge „Medizinische Forschung für Kinder und Jugendliche“.

Über die SALK:

Die Salzburger Landeskliniken (SALK) versorgen als größter Gesundheitsanbieter Salzburgs mit etwas mehr als 7.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mehr als 64.200 stationäre, 9.300 tagesklinische und 1,2 Millionen ambulante Patientinnen und Patienten im Jahr. Sie bestehen aus dem Uniklinikum Salzburg mit dem Campus Landeskrankenhaus (LKH) und Campus Christian-Doppler-Klinik (CDK) in der Stadt Salzburg und den Landeskliniken in Hallein, St. Veit sowie Tamsweg und halten Anteile an mehreren Reha-Einrichtungen im Bundesland.

Alle Inhalte dieser Meldung als .zip:

Sofort downloaden In die Lightbox legen

Bilder (1)

4 240 x 2 832 © SALK/Leon Bernhofer


Kontakt

Dr. Wolfgang Fürweger
Dr. Wolfgang Fürweger
Leiter Unternehmens­kommunikation und Marketing
Gemeinnützige Salzburger Landeskliniken Betriebsgesellschaft mbH
Müllner Hauptstraße 48
5020 Salzburg

Tel: +43 (0)5 7255-20012
Mob: +43 (0)676 8997 20012
E-Mail: presse@salk.at